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Fäden Vernähen, befeuchten und spannen - oder "eine Ode an die Socke"

Das klingt doch schon furchtbar altbacken, oder?

 

Das Spannen und ich, das ist eher ne holprige Lovestory gewesen.  

 

Kurz zum Hintergrund 

Stricken gelernt habe ich, so wie sicherlich viele andere, in der Grundschule. Von 

„befeuchten und spannen“ war da nie die Rede – zumindest nicht bei meiner Pumuckl 

Handpuppe (die mein Papa noch heute hat und in Ehren hält!). Das wars auch soweit 

zum Stricken für eine lange Zeit. 

 

Mich dem Stricken wieder zugewendet, habe ich im Jahr 2012, also vor fast 10 Jahren, 

mit dem festen Entschluss eine Mütze für meinen Bruder zu stricken. Ihr erinnert euch 

an  den  Handarbeitswahn  zu  Beginn  der  zweiten  Dekade  der  2000er?  Alle  haben 

gehäkelt oder gestrickt. Nach diversen Tobsuchtsanfällen mit dem Nadelspiel, bin ich 

sehr schnell von Mützen zu Socken übergegangen und wollte mich natürlich auch an 

ganze neue Projekte wagen, wie zum Beispiel Tüchern!

 

Alle Anleitungen schlossen mit (so oder ähnlichen) Worten: 

 

Fäden vernähen, befeuchten und spannen.

 

Das Tuch nur „befeuchtet“ (hochprofessionell habe ich mir im örtlichen Baumarkt 

einen Wasser-Sprüher besorgt) hatte das so überhaupt keine Wirkung; habe ich das 

Strickstück gar nass gemacht, so hat das gute Stück noch Tagelang getropft und im 

Anschluss gemufft. 

 

Ich  hatte  also  die  Wahl:  muffiges  feuchtes  Tuch  oder  sich  wieder  einrollendes 

Strickstück? – Naja, wer will schon Tücher stricken, ne? 

 

Also habe ich mich wieder – recht erfolgreich - meinen Socken zugewendet und auch 

an  Pullovern  versucht.  Die  jedoch,  allesamt,  da  ungespannt,  schlecht  saßen  – 

Überraschung, Überraschung! Zu kurz, zu boxy, zu alles. Was macht man da? 

 

 

Genau. Weiter Socken stricken. Mal mehr, mal weniger, waren Socken immer die 

große Konstante. Mal mit Zopfmuster, mal mit Lochmuster, mal geringelt, mal uni; 

Socken gehen immer! 

 

Nach einer privaten eher schwierigen Zeit, in der ich mich, wie auch meine Hobbies 

vernachlässigt habe, habe ich mich zu Beginn der Pandemie, der großen Renaissance 

der Handarbeit, nach Jahren endlich wieder an einen Pullover getraut. Ein nahtloses 

Modell, welches mit Raglan Ärmeln Top Down gestrickt worden ist. Wenn es was 

gibt, was jeder noch mehr als das Spannen verabscheut, dann ist das wohl Fäden/Teile 

vernähen. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.  

 

Trotz meiner Garnwahl (ein schönes TweedGarn in Fingering Qualität) hatte ich den 

Pullover schnell beendet (man hatte ja sonst nichts zu tun!) und freute mich schon ihn 

endlich tragen zu können.  

 

Leider  ist  mein  neuer  Pulli  wie  seine  Vorgänger  nicht  den  Erwartungen  gerecht 

geworden. Irgendwie stand er ab, saß schlecht und überhaupt.  

 

Exakt in dieser Zeit bin ich über sog. Knitblocker oder Spannkämme gestoßen. Viele 

kleine  Zähnchen,  welche  von  einem  Plastikendstück  gehalten  werden.  Mit  neuem 

Input über das Spannen (das deutschprachige „Stricknetzwerk“ ist dann seit 2012 doch 

um einiges gewachsen) habe ich erneut gespannt. Und war gespannt. 

Der Pullover passte. Kaum zu glauben. Wie ein ganz andererer Pullover. 

 

Endlich.  

 

Das Gefühl ist noch heute für mich unbeschreiblich. Wie neu verliebt!  

Von da an hatte ich endlich auch wieder richtig Freude an der Handarbeit, bald konnte 

sich  die  ganze  Familie  wieder  an  Strickstücken  (insbesondere  Socken)  aller  Art 

erfreuen. 

 

Doch bei den vielen Socken war es, wie seither, irgendwie das Problem, dass sie am 

Fuß zwar gut aussahen, aber einfach so daliegend nie so richtig aussahen, wie auf den 

Anleitungsfotos – und wenn ich was beherrsche, dann ja wohl Socken?  

Kann man Socken spannen? Wie kann man den bitte Socken spannen? Mit Nadeln? 

Spannkämmen? Neeeeeee. ....  

 

 

Eher durch Zufall – und durch die Tatsache, dass ich wieder auf sozialen Medien 

unterwegs war – bin ich auf Sockenspanner gestoßen. Aus Plastik, kunstvoll aus Holz, 

oder oder oder. Der Fantasie (und dem Geldbeutel) sind bei Sockenspannern keine 

Grenzen gesetzt. Mein Favorit sind diejenigen, von denen ich mittlerweile von jeder 

Größe zwei Exemplare habe – pinke schlichte MetallSpanner. Nur eine

Silhouette des Fußes  ist  nachgeformt,  der  Socken  kann  hervorragend  trocknen,  ohne  dass  sich 

unliebsame Nähte oder Kanten abzeichnen. Man zieht den feuchten Socken einfach 

über und hat ein klein bisschen Geduld. 

 

Als ich den ersten Socken gespannt habe (ein rosa Herzmuster-Sockenpaar, welche ich 

nur zu gerne verschenkt habe), konnte ich meinen Augen nicht trauen.  

 

Das Lochmuster hat  sich zuvor noch (ganz typisch) an manchen  Stellen mehr, an 

anderen weniger zusammengezogen und sah – wenn der Socken nicht gerade am Fuß 

war – nicht besonders aus.  

 

Mit recht wenig Erwartungen habe ich den feuchten Socken aufgezogen und über 

Nacht trocknen lassen.  

 

Als  ich  am  nächsten  Morgen  den  Socken  abgezogen  habe,  habe  ich  mit  vielem 

gerechnet, nicht jedoch mit folgendem: Der Socken hat exakt (!!1!!elf!!!) die Form des 

Spanners behalten. Exakt. Wie als hätte ich ihn mit Haarspray besprüht.  

Ich war fassungslos. Überwältigt.  

 

Alle weiteren Socken werden seither gespannt. Sei es ein einfaches Strukturmuster, ein 

Lacemuster oder einfach nur glatt rechts. Der Socken sieht wertiger aus, und, wer mal 

locker 20 Stunden in so ein Paar investiert hat, wird nach dem Spannen gleich doppelt 

belohnt.  

 

Das überwältigende Gefühl nach jedem Mal spannen ist noch genau wie beim ersten 

Mal. Immer wieder erwarte ich beim Abziehen, dass der Socken sich zusammen zieht 

und immer wieder bin ich fasziniert, wie der fertige Socken schlussendlich aussieht. 

Wer denkt, dass die letzte Reihe abketten die ultimative Strick-Befriedigung ist, der 

hat noch nie ordentlich gespannt! 

 

Jedes einzelne Muster profitiert vom Spannen.  

 

 

Selbst für jeden, der „einfach nur“* Käppchen Ferse und glatt rechts strickt ist ein 

Socken Spanner ein absoluter Game Changer. Ich schwöre es! Wer nicht glaubt, ich 

verleihe  meine  jederzeit,  um  andere  davon  zu  überzeugen.  Denn  die  so  gern 

verspotteten Stricksocken („Macht meine Oma auch immer, das ist so schwer ja nicht“ 

- „Wenn du es so gut kannst, mach mir doch auch mal ein Paar!“ – aber das ist ein 

anderes Thema) verdienen, ganz unabhängig ob aufwändiges Muster oder nicht, mehr. 

Viel mehr!  

 

Jeder  einzelne  Socken  verdient  die  vollkommene  Schöhnheit  und  Passform  durch 

Spannen. Socken sind für viele ein Stück Kindheit. Socken gabs früher von Oma, erst 

heute wissen das viele zu schätzen. Gebt euren Socken was sie verdienen! Spannt 

Socken!  

 

Münnerstadt/Würzburg/Bayreuth, irgendwann zwischen April und August 2021 

 

Lara O. 

 

*Nichts daran ist „einfach nur“ – zu jedem Socken gehört handwerkliches Geschick 

und die Willensstärke dem sog. Secondsocksydrome zu wiederstehen!